Handwerk, Staub und computergesteuerte Maschinen – zu Besuch bei Marmor Frankfurth Großenritte
Baunatal | Handwerk Der erste Eindruck beim Handwerksbetrieb Marmor Frankfurth ist so, wie es zu erwarten war: Es sind Grabsteine zu sehen und das ist die Assoziation, die zumindest bei vielen als Erstes beim Berufsbild Steinmetz aufkommt. Die Bilder bei anderem Handwerk, wie Tischler oder Schlosser sind da deutlich differenzierter. Woher kommt das?

Dirk Wuschko vom Baunatal Blog hat den alteingesessenen Großenritter Familienbetrieb Marmor Frankfurth besucht, um über die derzeitige Situation im Handwerk aber auch über die Digitalisierung in traditionellen Berufen zu sprechen. Sonja und Ralph Frankfurth nahmen sich die Zeit, beantworteten Fragen und führten durch den Betrieb.

„Viele junge Leute denken, Steinmetz sei ein eher künstlerischer Beruf. Die Grabsteine oder auch die Reliefs an alten Häusern, die man bei einer Stadtführung sieht, sind dafür verantwortlich. Aber wo werden bei heutigen Neubauten noch Verzierungen angebracht? Und welcher junge Mensch will sich heute noch schmutzig machen im Job?“
Sonja Frankfurth

Das Steinmetz Handwerk ist deutlich mehr als Grabsteine – zumal auch die aufwendigen Grabsteine oder Verzierungen an Gebäuden außerhalb der Adelsschlösser erst aufkamen, als es der bürgerlichen Gesellschaft finanziell deutlich besser ging. Das Arbeiten mit dem Naturprodukt Stein ist uralt, die ältesten nachgewiesenen Steinmetzarbeiten sind vor über 14.000 Jahren entstanden.
„Die jungen Menschen sammeln zu Hause, aber auch in den Bildungseinrichtungen leider keinerlei Erfahrungen mehr mit der Hand zu Arbeiten. Das zeigt sich auch bei den meisten jungen Bauherren die fast nichts mehr alleine machen, aber auch in ihrem Umfeld keine Menschen mehr haben, die handwerklich begabt sind. „
Sonja Frankfurth
Sonja Frankfurth erklärt, dass trotz aller positiven Kampagnen, auch von der Handwerkskammer, der Beruf aber ein Imageproblem hat:
„Wenn die Industrie mit der besseren Bezahlung lockt oder der Bürojob mit dem Anzug haben wir Probleme, Azubis oder passende Mitarbeiter zu bekommen. Wir brauchen Menschen, die zupacken können und wollen, die keine Angst vor Schmutz haben. Steinmetz ist auch körperliche Arbeit, auch wenn es natürlich mittlerweile viele Hilfsmittel gibt und auch Frauen diesen Beruf ausüben.“
Sonja Frankfurth

Die Firma Frankfurth hat zehn Mitarbeiter, einige von ihnen sind schon Jahrzehnte dabei. Nicht jeder hat den Ausbildungsberuf Steinmetz – aber alle haben über die Zeit in der Firma das gelernt, was sie für die Arbeit brauchen.
„Wir beschäftigen Meistergesellen, können aber auch mit einem ungelernten Arbeiter, auch wenn er 35 ist, etwas anfangen. In unserer Firma können wir diese Menschen so entwickeln, dass sie nach 5 Jahren trotzdem in einem Facharbeiterstatus sind. Und so schlecht wie vermutet, ist die Bezahlung nicht: Gut in der Mitte und mit Arbeitszeiten, die Familien- und hobbyverträglich sind.“
Ralph Frankfurth
Der Betrieb könnte deutlich mehr Aufträge annehmen, wenn sie mehr Personal finden würden. Das ist auch aus anderen Handwerksberufen wie den Dachdeckern in Baunatal zu hören. Das Anforderungsprofil bei Marmor Frankfurth ist vielseitig, die Digitalisierung hat schon lange Einzug gehalten. Meißel und Hammer aber auch CNC Maschinen und Computer sind die Werkzeuge in der heutigen Zeit.

Die neue digitale Welt bei Marmor Frankfurth
Der Platz für die neueste Maschine ist gerade freigeräumt und nächste Woche wird sie aufgebaut. Auch wenn schon lange CAD-gesteuerte Maschinen benutzt werden, um die individuellen Anforderungen der Kunden mit hoher Qualität und flexiblen Fertigungsprozessen zu sichern, wurde die Summe eines Einfamilienhauses investiert und die vorbereitete Installation zeigt, wohin sich das Steinmetz Handwerk entwickelt: Neben den klassischen Anschlüssen für Strom, Wasser und Druckluft steckt ein dickes Datenkabel in der Wand, die Industrie 4.0 ist allgegenwertig.

„Als inhabergeführtes Familienunternehmen denken wir langfristig und nachhaltig. Innovation und ressourcenschonendes Produzieren sind mehr als Schlagworte. Wir bearbeiten immer unterschiedlichere Materialien und kommen damit an die Grenzen einer Säge. Jetzt kommt die Wasserstrahlschneideanlage, die ungeahnte Möglichkeiten eröffnet. Sie schneidet fast alle festen Materialien von Metall, Keramik und Feinsteinzeug über Holz bis hin zu Gummi oder Lebensmittel.“
Ralph Frankfurth
Mit 6.000 Bar Wasserdruck können diese Materialien, die teilweise hitzeempfindlich sind, bearbeitet werden – andere Schneidtechniken wie Laser können dies nicht leisten.
Der Umsatz von Marmor Frankfurth wird zwar auch mit Privatkunden erzeugt, aber ein wesentlicher Teil kommt aus der Zulieferung für andere Firmen, im gehobenen Wohnungsbau, für Küchenstudios oder andere Handwerksbetriebe. Mit der neuen Maschine können die Lohnschneidearbeiten noch komplexer und schneller angeboten werden.
Es zeigt sich bei dem Handwerksbetrieb Frankfurth einmal mehr, dass die Familienunternehmen ein wesentlicher Motor der Wirtschaft sind, sie bewahren die Tradition (die Firma gibt es seit 1925) indem sie sich der Innovation und Veränderung ihres Handwerks stellen. Sohn Tom Frankfurth macht gerade die Steinmetz Lehre im Familienunternehmen und schafft damit die Voraussetzungen für eine Fortsetzung des Betriebes in der Zukunft. Und auch künftig wird es eine Mischung aus alter Handwerkstradition und Innovation sein.

„Die computergesteuerte Maschine ist ja erstmal dumm! Der Mitarbeiter muss die Brücke schlagen zwischen dem Werkstoff um den es geht und der Maschine, die es bearbeitet. Die Maschine weiß ja nicht, das da ein Granitstein liegt und wie die Anforderungen zum Bearbeiten von Granit sind. Das Wissen um den Stein und seine Besonderheiten ist also weiterhin gefragt. Dazu kommt, dass beim Naturstein der Stein nicht überall gleich aussieht, da geht es um Farbe und Struktur für das Produkt was entstehen soll und da sind sie bei Gestaltung und Ästhetik, das weiß keine Maschine der Welt “
Ralph Frankfurth

Bevor nächste Woche die mit Spannung erwartete neue Maschine aufgebaut wird, geht es jetzt aber erstmal nach Italien auf der Suche nach dem besten Stein für die Kunden. Wie schon vor tausenden Jahren wird sowohl der natürliche Werkstoff, als auch Industrieprodukte wie Fliesen fachmännisch gemustert und entschieden aus welchem Stein die nächsten Monate produziert wird.
Informationen zur Firma Marmor Frankfurth: https://frankfurth.de/
Informationen zum Beruf Steinmetz: https://handwerk.de/berufsprofile/steinmetz-in-und-steinbildhauer-in
Text und Foto (V.i.S.d.P)
Stadtmarketing Baunatal GmbH
Dirk Wuschko
Friedrich-Ebert-Allee 8a, 34225 Baunatal
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